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Über die neue Umverteilung

Archiv für das Schlagwort “Krise”

Griechenland – Weimar 2.0?


Nach dem 1. Weltkrieg wurde Deutschland von den Siegermächten zu „Reparationszahlungen“ verdonnert. Das Land brach unter dem Schuldenberg zusammen.Das Ergebnis war:
-Hunger und Elend
-Hitler, der Massenmörder, der allen Brot und Arbeit versprach.-

-Massenmord und Krieg gegen den Rest der Welt.

Nach dem 2. Weltkrieg, mit großem Pathos, damit obiges nie wieder geschehe, wurden die EU und der Euro erschaffen. Die Bilder der Adenauers, Kohls, Mitterands und wie auch immmer sie noch heißen sind bereits in Geschichtsbüchern. Nie wieder Weimar, nie wieder Krieg.

Wenn man die hungernden Deutschen nach ersten Weltkrieg um „Stellung zum Thema Reparationszahlungen“ bitten würde, was würden sie wohl sagen? Vielleicht würde die begriffstsutzigen unter uns eine Ahnung davon bekommen, wenn sie sich in Griechenland, Portugal oder Spanien umhören würden. Der Generalstreik in Spanien und Portugal ist wohl ein dezenter Hinweis. Hier ein Bericht von Uhupardo:

Gelesen: Atlas Shrugged von Ayn Rand


Ayns Welt in Atlas Shrugged ist beruhigend einfach strukturiert. Es wurde in den USA im Jahre 1957 veröffentlicht, ein Jahr nachdem der McCarthyismus, die politische Verfolgung von angeblichen Kommunisten in den USA offiziell beendet wurde. Dieses Kolossalwerk gilt als Paradestück des ungehemmten Kapitalismus. Viele derjenigen, die darauf vertrauen, dass es der Markt schon irgendwie richten wird, haben diesem tausendundeinseitigen Roman einen Ehrenplatz in ihrem Regal verliehen. Unter den prominenten Anhängern des laissez -faire Kapitalismus ist z. B. Allan Greenspan, ehemaliger Chef der Fed. Greenspan warb für komplette Deregulierung des Derivatemarktes, drückte den Leitzins auf lächerliches Niveau um die Folgen der geplatzten Dot-Com-Blase zu bekämpfen, mit dem Ergebnis, dass Investoren (darunter auch Ihre Kapitallebensversicherung oder Pension, lieber Leser) im verzweifelten Versuch nach Rendite ihr Glück in Produkte suchten, die sie nicht durchschauten. Auch Frank Schäffler ist ein großer Fan. Daher habe ich mich dazu aufgerafft, diese Bibel der Marktverehrer endlich auferksam zu lesen.

In Ayns Werk gibt es nur zweierlei Menschen. Auf der einen Seite gibt es die Leistungsträger: Geniale Unternehmer mit Tendenz zum Micromanagement, geniale Ingenieure oder immerhin engagierte BWLer, die ihr allerbestes geben. Sie sind physisch an ihrem festen Blick und ihrer hageren Figur zu erkennen. Die genialen Unternehmer, die eigentlichen Helden in Ayns Welt, leben ausschließlich für ihre Arbeit und deren Entlohnung, Entlohnung ausschließlich in Geld, natürlich. Undank ist natürlich auch ihr Lohn, aber dazu mehr später. Natürlich haben sie alle einen süperben Arbeitsethos, denn sie sind nie versucht, zu mogeln, zu bestechen oder einzuschüchtern. Es ist zudem allgemeiner Konsenz, dass ihre Produkte ganz toll und unentbehrlich sind, so dass ihr Erfolg ausschließlich eine Funktion ihrer hervorragenden Leistung ist. Glück spielt zu keiner Zeit eine Rolle.

Auf der anderen Seite stehen die Schmarotzer – faule Menschen, die aufgrund ihrer Trägheit und Mittelmäßigkeit arm sind. Sie sind zu erkennen am glasigen Blick, wabbligen Gesichtzügen und pummeliger Figur. Statt sich auf den Hosenboden zu setzen und ihr karges Brot durch ehrliche Arbeit zu verdienen oder selbst geniale Unternehmen zu errichten, stellen diese Blutegel der Gesellschaft auch noch Ansprüche an die geplagten Helden. Sie verlangen Almosen, finanziert durch Steuern- infame Enteignung in Ayns Welt!

Rands Haltung zum Sozialstaat und zu Verlierern der Marktwirtschaft drückt sie am prägnantesten in der Figur des Piraten Ragnar Danneskjöld aus. Ragnar D verweigert der Gesellschaft sein Leistungsvermögen und widment sich stattdessen der Piraterie. Er kapert Schiffe, die Hilfsgüter an die Volksrepubliken Europas liefern sollen. Den Erlös verkauft er auf dem Schwarzmarkt gegen Gold,das er an Reiche zurückgibt als Entschädigung für Einkommenssteuer. Hier Auszüge aus Ragnars Monolog:

Robin Hood [..] He was the man who robbed the rich and gave to the poor. Well, I’m the man who robs the poor and gives to the rich – or, to be exact, the man who robs the thieving poor and gives back to the productive rich. […]But I have seized every loot carrier that came within range of my guns, every government relief ship, subsidy ship, loan ship.. every vessel with cargo of goods taken by force from some men for the unpaid, unearned benefit of others.[…]He [Robin Hood] is remembered, not as a champion of property, but as the champion of need, not as the defender of the robbed, but as the defender of the poor. […]Until men learn that of all human symbols, Robin Hood is the most immoral and the most contemptible, there will be no justice on earth and no way for mankind to survive.

Robin Hood als schlimmstes Symbol aller Zeiten? Menschen, die vor dem Nationalsozialismus flüchten mussten, sind da vielleicht anderer Meinung.

In Ayns Welt werden die Leistungsträger durch Steuern uns Regulierungen erstickt. Man mag da an Regulierungen wie etwa Grundwasserschutz, Regulierung von Atomkraftwerken oder Regulierungen in der Pharmaindustrie denken. Alles Boshaftigkeiten, ersonnen von Schmarotzern, die den Leistungsträgern übelst mitspielen. Dem soll endlich ein Ende gesetzt werden. Die Unternehmer beschließen, zu streiken. Erwartungsgemäß bricht natürlich die Welt zusammen, weil das gemeine Volk, die 99% ,im heutigen Jargon, zu trottelig sind, um auch nur den simplesten Schienenverkehr zu organisieren.

Der Roman ist ein gelungenes Propagandastück für alle diejenigen, die jede Form von sozialer Solidarität ablehnen. Egoismus ist explizit erwünscht. Einzige Überraschung für mich war der Sex. Es wird zwar nichts im Detail beschrieben, schließlich befinden wir uns mitten in den Fünfzigern, aber immerhin treibt es die Heldin Dagny mit drei Kerlen parallel, davon einem verheirateten.
Das gehört für mich auf jeden Scheiterhaufen eines sozial Konservativen, der seinem Fanatismus treu bleiben will.

Sofern man nicht von animalischem Hass auf Sozis geplagt ist, wie etwa die Autorin selbst, die über die Enteignung ihrer Eltern durch die Revolutionen in Russland offenbar nie hinweggekommen ist, bereitet das Lesen Langeweile und Schmerzen.Ich habe mich über mehr als 1001 Seiten lang gequält. Dennoch muss ich sagen, dass ich aus der Lektüre lebenswichtige Erkenntnisse gewonnen habe. Ich glaube, Joseph McCarthy lebt heute noch, zumindest in den zornigen Herzen seiner wachsenden Anhängerschaft. Sollte dieses Opus auch in Europa respektablen Status erreichen, werden auch hier Menschen, die keine Berührungsängste mit sozialistischen Ideen haben, als Perverse gebrandmarkt.Wenn es soweit gekommen ist, sollte sich niemand damit entschuldigen, er habe es nicht gelesen.

Eine Krise – 3 Perspektiven


Erinnern wir noch einmal daran, dass die weltweite wirtschaftlich Depression von Banken ausgelöst wurde. Staaten wie die USA oder die EU sind am Rande des Bankrotts getrieben worden, weil sie ihre als unverzichtbar geltenden Banken retten müssen, auf Kosten der Bürger – und zwar überall. Lobbyisten der Banken haben Volksvertretern weißmachen können, dass ihre Subventionierung ohne Gegenleistung unverzichtbar für das bitter benötigte Wachstum sei, ja für die Rettung der Zivilisation. Vorallem verbreiteten sie drei Weißheiten, die jeder kritiklos übernahm. Robert Jenkins, Mitglied der Bank of England, äußerte sich nun kritisch über diese Glaubenssätze, die er als Mythen bezeichnet. Peer Steinbrück scheint auf die Mythen nicht hereingefallen zu sein, da sein Wahlkampfpapier ganz gezielt auf eine Reform und stärkere Verantwortung der Banken zielt.

Mythos 1: Zu hohe Kapitalanforderungen gehen auf Kosten des Wachstums. Das ist Unsinn, weil höhere Kaptalhinterlegung die Kosten der Kreditnahme verringern
Mythos 2:Geringerer Ertrag vermindert die Chance auf Investoren. Das ist Unsinn, weil nicht jeder Investor bloß auf kurzfristige Gewinne hin anlegt.
Mythos 3: Bankenregulierung zerstört den Wettbewerbsvorteil des Standorts. Also: Wenn London dem hemmungslosen Treiben ein Ende setzt, ist London nicht mehr London. Das ist ebenfalls Unsinn, weil im Gegenteil, Vertrauenswürdigkeit der Entscheidende Faktor ist.

Hier ein Artikel des konservativen Telegraph, im Volksmund auch Torygraph genannt.

In der zwischenzeit gibt es immernoch selbsternannte Experten, vorallem im Blatt für kluge Köpfe, der Frankfurter Allgemeinen, denen die Strangulierung der Südstaatenländer nicht heftig und brutal genug zugeht. So schreibt FAZ-Schreiber Klaus-Dieter Frankenberger, gelernter Amerikanist, die Regierungen müssen weiter Kurs halten. So heißt es in seinem Artikel Kurs halten in der  Krise:

Aber auch in Madrid eskaliert der Protest. Das zeigt zweierlei: Die Sparpolitik zeigt Wirkung, die Kürzungen treffen viele Leute wirklich. Aber noch immer haben viele nicht begriffen, dass es so wie früher, als der Staat mehr ausgab, als er hatte, und die Bürger es ihm nachmachten, nicht mehr geht. Das Missverhältnis zwischen Konsum und Einnahmen führt in den Bankrott und gefährdet die Währungsunion; diese Lektion sollten nun alle gelernt haben. Und: Wer die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft ruiniert, muss später einen hohen Preis zahlen.

Was für eine Wirkung die Sparpolitik vor Ort hat, kann man in der New York Times lesen, in einem Artikel der beschreibt, wie immer mehr Spanier ihre Mahlzeiten in Müllkontainern von Supermärkten suchen.

Spain Recoils as Its Hungry Forage Trash Bins for a Next Meal

Money, Power & Wall Street


Der öffentlich-rechtliche amerikanische Sender PBS hat eine 4-teilige Serie über die Ursache und Entwicklung der weltweiten Finanzkrise gestartet. Hier der Link zum ca. einstündigen 1. Teil der Serie.

Der  Bericht seziert penibel klein, wie eine Idee, entwickelt von einer Gruppe von Jungbankern, weitergesponnen von gierigen Altbankern und ignoranten Möchtegern-Financiers, zur heutigen Katastrophe führte. Besonders viel Freude für deutsche Zuschauer bereitet der Film  in der 38. Minute, in der beschrieben wird, wie unsere deutschen Landesbanker gierig nach Finanzinstrumenten griffen, deren Implikationen sie nie begriffen haben. Auch Josef Ackermann kommt darin zu Wort. Ich warte noch auf ein Doku deutscher Herkunft, das über das Versagen in Deutschland berichtet.

Ob man denjenigen, die immernoch von „Too Big To Fail“ schwatzen, Gier, Bosheit oder Inkompetenz unterstellt, ist eigentlich egal.  Wichtiger ist: Können wir es uns noch leisten, auf sie zu hören? Dass die wenigsten Bundestagsabgeordnete wirklich beurteilen können, was der ESM (hier ein Artikel vom Uhupardo) bedeutet, ist ein Korollar dazu.

Gender Gap. Interessant finde ich nebenbei auch, dass unter den damals jungen Erfindern der Credit Default Swaps, sich nur die Frauen vor die Kamera von PBS gewagt haben, fast so, als hielten sie sich alleine verantwortlich für die Lawine, die eigentlich andere ausgelöst haben.

Für den geneigten Leser noch eine weitere Bettlektüre: Ein Versuch über die Rolle Von Goldman Sachs und der Deutschen Bank bei der Subprime Krise,  herunterzuladen bei der FT als PDF:

WALL STREET AND THE FINANCIAL CRISIS:
Anatomy of a Financial Collapse
PERMANENT SUBCOMMITTEE
ON INVESTIGATIONS
UNITED STATES SENATE

Und ich warte noch auf etwas vergleichbares von der EU oder der Bundesrepublik. Es ist wenig hilfreich das ohnehin vielgescholtene Amerika alleine für die Krise verantwortlich zu machen. Sie hat hat viele Väter und Mütter. Aufräumen können wir jedoch nur zuhause. In jeder Krise steckt auch eine Chance, eine Chance auf grundlegende Veränderung. Welcher Erdteil diese  Chance zuerst nutzen wird, ist noch offen. Ich würde gerne auf Europa wetten.

Die Finanzwelt stellt sich auf soziale Unruhen als Folge von Sparmaßnahmen ein


Was für eine Erkenntnis! Analysten im Auftrag von JP Morgan haben mit aufwendiger Datenanalyse statistisch nachgewiesen, was gesunder Menschenverstand bereits erfasst: Dass Kürzungen von Sozialleistungen (Anmerkung: insbesonder in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit) zu sozialem Chaos führt. Mehr dazu hier in diesem Artikel von Zero Hedge..

Bemerkenswert in diesem Artikel ist, dass Proteste gegen die „notwendigen“ Sparmaßnahmen durch Stimmzettel angeblich nicht zu befürchten sind. Regierungen, die ihr eigenes Volk kaputtsparen, werden also nicht abgewählt. Sparkönige können also getrost weitermachen.
Weit mehr Sorge bereitet den Analysten die Aussicht auf Streiks, Krawalle oder steigende Kriminalität. Weiter in dem Artikel heißt es, dass die Verbreitung von Chaos noch mehr Staatsverschuldung zur Folge hat, Staatsverschuldung die angeblich allein schuld an dieser Misere ist.

Bretzellogik. Staaten wurden gezwungen, sich zu verschulden, um Banken, die Kasino gespielt haben, zu stützen. Nun wird den Bürgern Solidarität mit den Banken aufgezwungen, damit das System ungehemmt weiterlaufen kann, bis nichts mehr zu holen ist. Damit sie sich auch weiter brav ausnehmen lassen wie Weihnachtsgänse, muss wohl der Repressionsapparat aufgestock werden.
Mein Vorschlag: Fassen wir doch alle Sparmaßnahmen, Enteignungen durch Inflation und Steuererhöhungen unter den Begriff „Solidaritätszuschlag zugunsten der Banken“  zusammen.Faszinierend, würde Mr. Spock sagen.

Europäische Solidarität hat ihre Grenzen
Wie der Artikel richtig kommentiert, wird der drastische Einschnitt des Lebensstandards durch gegenseitige Anfeindungen kompensiert. Hier eine illustrierte Auswahl der Beschimpfungen, zusammengestellt von Bloomberg. Alles Zirkus fürs Volk – im Westen nichts neues.

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