wildezeiten

Über die neue Umverteilung

Archiv für das Schlagwort “Internet”

Soziale Netzwerke, Suchmaschinen und Mobmentalität


Mobmentalität. Wenn immer Menschen die Möglichkeit haben, ihren Aktionsradius zu erhöhen und dabei unerkannt zu bleiben, gibt es genügend unter ihnen, die diese „Macht“ missbrauchen. Brave Bürger, sonst recht angepasst und zurückhaltend, mutieren mal zum Wüterich, den Stinkefinger erhebend und auf die Hupe drückend, sobald sie hinter den Schutzschild ihres besten Stücks, des Autos, kriechen.

Daher war es auch zu erwarten, dass die Kraft des Internets via Facebook auch das gemeine, hinterhältige und zerstörerische im Menschen potenzieren würde. Prominentestes Beispiel – ich wollte erst „jüngstes“ tippen, aber wer weiß das schon? – ist der Selbstmord einer kanadischen Schülerin, Selbstmord nach jahrelangem Mobbing über Facebook und in der realen Welt. Amanda Todd war gerade mal 15 Jahre alt, als sie beschloss, dass sie die jahrelangen Verfolgungen durch einen Pädophilen via Facebook nicht mehr aushalten konnte.
Ihre Geschichte erzählt sie selbst auf ihrem Youtube-Posting. Sie ist erschütternd.

Da polizeiliche Ermittlungen immernoch laufen, und bereits sehr viel über Mobbing geschrieben wurde, will ich nichts weiter dazu sagen. Es geht mir vielmehr um soziale Netzwerke und Suchmaschinen im Internet, die offenbar jede Schwarmtendenz verstärken und von ihr profitieren. Wenige Tage nach dem Tod des Mädchens kursierten Youtubes von selbsternannten Netzmilizen, die den Peiniger des Opfers identifiziert haben wollten.
Aus Neugier tippte ich den Namen „Amanda Todd“ ein. Die Autovervollständigung der Suchmaschine gab mir auch gleich den Namen eines Mannes, der im Visier der selbsterannten Rächer stand. Auf ähnlichem Wege war das Gerücht um die Präsidentengattin Bettina Wulff entstanden. Per Autovervollständigung werden Gerüchte über Menschen in die Welt gesetzt. Das Ergebnis nach einigen Stunden waren über 50 Morddrohungen für diesen Mann. Geschieht ihm recht, möchte man sagen, gerade wenn es um Kinder geht, wäre da nicht das Detail der Unschuld bis das Gegenteil bewiesen ist.Die Polizei musste eine Erklärung abgeben, dass der Mann derzeit
nicht unter Verdacht steht.

 

Halten wir also fest: Der Algorithmus einer Suchmaschine schafft Quasi-Nachrichten, zerstört den Ruf und die Sicherheit eines Menschen und greift der Ermittlungen der Polizei vorweg. Ein Individuum, irgendwo auf dem Globus mir Netzanschluss kann jahrelang ungehindert Kindern aufspüren und nachstellen, ohne dass die Netzwerke eingreifen. Es wird problematisch, wenn die Organe, die an ihrer Verbreitung verdienen, nicht einmal den gleichen Standards unterworfen werden wie die Springerpresse oder Murdoch. Bild kann man vor Gericht zerren, wenn sie Falsches über eine Person abdruckt. Die Suchmaschine kann sich hinter einem Algorithmus verstecken?  Netzwerke ziehen sich mit fadenscheinigen Bekenntnissen zur Freiheit aus der Verantwortung, Freiheit, die sie selbst nicht respektieren.
Oder glauben Sie im Ernst, dass die Daten, die treuseelig anvertrauen, nicht studiert und weiterverkauft werden, in irgendeiner Form?

In eigener Sache: Vom Umgang mit Hasskommentaren auf Blogs


Ich empfinde die meisten Kommentare zu meinen Artikeln als Bereicherung und schätze Diskussionen sehr. Oft bin ich radikal anderer Meinung, aber-und das macht die Diskussion um so spannender. Kapitalismus, Kommunismus, Anarchismus – alles ist willkommen, solange es irgendwie begründed ist und niemand dabei beleidigt oder diffamiert wird.

Meine bisherigen Einstellungen bei WordPress schalteten Kommentare automatisch frei, sobald ich den ersten akzeptiert hatte. Leider werde ich manchmal von Hass-Spam Kommentaren überrascht. Die Bevölkerungsgruppe, die ich aus tiefstem Herzen verachte, ist die Gruppe der Rassisten und Antisemiten.

Ob mit Glatze oder Turban, pseudourbanem Designeroutfit oder Springerstiefeln, sie sind alle gleich widerwärtig und ich wünschte, sie hätten nie Lesen und Schreiben gelernt, oder besser, nie das Licht der Welt erblickt.

Was tun also, wenn sie mit erstem Kommentar ganz harmlos daherkommen, vielleicht mit pseudo-revolutionärem, pseudo-intellektuellem Geschreibe, aber prinzipiell nix böses, aber dann, beim zweiten Kommentar die hässliche Fratze des Hasses zeigen? Beim jüngsten Vorkommen dieser Art, der mich zum Verfassen dieses Artikels bewogen hat, handelte es sich speziell um Antisemitismus.

In welcher Couleur du Jour Hass auf Menschengruppen auch immer daherkommt, sie wird auf diese Blog nicht geduldet. In Zukunft werde ich diese Kommentare sammeln und unter der Rubrik „besonders widerwärtig“ ausstellen.

Leider war dieser spezielle Kommentar für einige Stunden auf meinem Blog zu sehen, bevor ich mich einloggte und ihn in den Datenfriedhof verfrachtete, wo er hingehört. Dafür möchte ich mich bei meinen Lesern entschuldigen!

Um Ähnliches zu verhindern, werden von nun an Kommentare von mir einzeln freigeschaltet. Das wird den Prozess etwas verzögern, da ich nicht jeden Tag online bin. Ich bitte um Verständnis!

Don Furioso

WordPress: Holocaust-Leugnung als Top-Beitrag?


Warum ich WordPress wählte
Ich bin noch ein Neuling unter den Bloggern. Nach einiger Recherche fiel mir die Wahl auf WordPress leicht:
1. WordPress hat einen hohen internationalen Bekanntheitsgrad
2. WordPress ist nicht Google, was bedeutet, ich brauche kein Konto bei der Datenkrake

Meist lese ich Blogs über Politik und Wirtschaft. Manchmal lasse ich mich aber auch von der Seite „Top Beiträge“ treiben und finde dabei wahre Schätze unter den Blogs,selbst wenn mich das Thema selbst zunächst nicht berührt.

Allerdings geht mir die Galle hoch, wenn ich mit der folgenden Einstiegsseite konfrontiert werde:

Top Beitrag
Mein Blick fällt auf den Beitrag über einen Holocaust-Gegner in den USA. Weil ich selbstverständlich davon ausgehe, dass niemand, der des Lesens und Denkens mächtig ist,ernsthaft den Holocaust leugnet oder es zulassen würde, dass solcher boshafter Unsinn als besonderst wertvoll hervorgehoben wird, nehme ich an, dass dieser Beitrag die Leugnung anprangert. Um so größer ist mein Erstaunen, als ich beim durchklicken dieses Blogs auf ein Knäuel an Irrsinn und Hass stoße.Der Artikel wirkt wie eine lose Ansammlung von Copy-Paste und eingefügten Links. Ein Link mit dem Titel „Antideutsche Greuelprogramme der Siegermächte“ führt zu einem weiteren Opus von Siriusnetwork, der die Existenz der Vernichtungslager als Lüge hinstellt. Es ist mir ein Greuel, diese Seiten aufzurufen. Auch weigere ich mich, auf diese Seite zu verlinken.Wer der Sache selbst nachgehen will, möge sich den Blog Siriusnetwork zu Gemüte führen. Wer zum ersten Mal mein Blog aufruft, kann sich mit meinem Artikel über Entnazifizierung ein Bild davon machen, wo ich stehe.

Man kann sich im Namen der freien Meinungsäußerung darüber streiten, wie sinnvoll es ist, die Leugnung des Holocaust unter Strafe zu stellen. Ich persönlich denke, gerade in Deutschland, wo die Entnazifizierung nie wirklich stattgefunden hat, ist sie immernoch geboten. Das besondere Hervorheben eines Hassartikels als „Top-Beitrag“ ist jedoch völlig indiskutabel!

Meine Frage an das WordPress-Team: Lest Ihr eigentlich die Artikel, die ihr ins Schaufenster stellt, oder sortiert Ihr nur nach Bildchen? Egal ob Ihr in Palo Alto oder in Woauchimmer hockt:
What were you thinking?

Herzlichst,

Don Furioso

Über Privatsphäre, Facebook, arabischer Frühling und Diaspora


Outing  als Dinosaurier

Zugegeben – ich bin nicht auf Facebook. Auf Linkedin habe ich bewusst meine Kontakte weggelassen, weil ich der Meinung bin, dass die Öffentlichkeit meine Kontaktliste – ob privat oder beruflich – nichts angeht. Weder will ich mit meinen Bekannten prahlen, noch will ich ihre Informationen preisgeben.
Die Tatsache, dass ich überhaupt zwischen Privateben, Berufsleben und Öffentlichkeit unterscheide, lässt mich wohl ziemlich alt aussehen – buchstäblich. Eric Schmitt und Marc Zuckerberg haben das Ende der Privatsphäre erklärt.

Stalker und Exhibitionisten
Kommentatoren haben Facebook als einen Ort charakterisiert, in dem Stalker auf Exhibitionisten treffen. Vor zwei Jahren durfte ich mit ansehen, wie eine neunzehnjährige regelrecht zusammenbrach, weil sie virtuell von sogenannten Freundinnen gemobbt wurde. Damals dachte ich noch : „Stell das verdammte Ding ab und such dir neue Freunde – Big Fucking Deal! “
Dass aus virtuellem etwas ganz reales entstehen kann, im guten wie im schlechten, ist mir nun klar.

Data Mining
Was mich aber noch mehr von Facebook fernhält, ist der Umstand, dass eine zentrale Stelle meine Vorlieben, meine Marotten, meine Freunde, meine Bilder elektronisch erfasst und ohne meine Zustimmung verwertet.
Aus den Webseiten, die ich besuche, den Menschen, die ich frequentiere, meinen Sprachstil lassen sich auch Dinge rekonstruieren, die ich lieber für mich behalten würde.
Oder ich werde in eine Schublade gesteckt, in die ich nicht hineinpasse. Das bestreben, menschliches Verhalten mithilfe vergangener Daten vorherzusagen, ist alt. Die Schufa tut’s, und tappt manchmal daneben. Amazon versucht es, und tappt bei mir jedesmal daneben. Irgendwie beruhigend.

Die Attraktion der Sozialen Netzwerke
Dennoch lässt mich der Reiz, mich it anderen Menschen über lokale Grenzen hinaus zu verbinden, Ideen auszutauschen, nicht los. Sien ist natürlich nicht neu. Einen Artikel des Economist über den viralen Effekt von Martin Luthers Thesen finde ich recht lesenswert.
(How Luther went viral – The Economist)
Ich frage mich nur: Was wäre passiert, wenn sich die Anhänger Luthers auf Facebook verlassen hätten? Hätten sich die Anhänger des Papstes der Daten Facebooks bemächtigt?
Hätten die Tunesier Twitter und Facebook benutzt, wenn Facebook Headquarters in Tunesien wäre?

Diaspora
Was ich mir wünsche, ist eine dezentrale Alternative zu Facebook, die es mir erlaubt, meine Daten zu kontrollieren. Daher bin sehr neugierig auf das Open Source Projekt Diaspora. Meine Vorhersage für das Jahr 2012: Zukünftige Protestbewegungen werden nicht auf Facebook organisiert, sondern auf auf Diaspora, geschützt vor den Argusaugen derer, die sie verhindern wollen. Zumindest ist es mein Wunsch.

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