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Über die neue Umverteilung

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Sexismus in der FDP und bei den Piraten?


Vor etwa einem Jahr, so eine Journalistin beim Stern, wurde ein prominenter Politiker der FDP sexuell aufdringlich. Nach ihren Aussagen begrabschte er sie während eines freundlichen Treffens von Journalisten und Politikern in einer Hotelbar. Als sie ihn zu Zurückhaltung und Professionalität ermahnte, meinte er nur, er sei doch auch nur ein Mensch. Die Sprecherin, oder vielleicht besser gesagt, Super-Nanny, griff schließlich ein mit einem „Marsch ins Bett“, als handele es sich um ein verantwortungsloses Kind. Der FDP-Politiker ist zwar etwas älter, doch ist Frauenfeindlichkeit keine Sonderbarkeit Älterer. So hatte auch Spiegel Korrespondenting Annett Meiritz über Attacken, diesmal von Seiten
der Piraten zu klagen.

Die FDP reagierte empört. Empört nicht etwa über das Verhalten des (mutmaßlichen, natürlich!) Grabschers, sondern über die Tatsache, dass überhaupt darüber berichtet wurde, und dann auch noch ein Jahr danach. Das finde ich peinlich. Respektieren würde ich ein klares, verbindliches Dementi, oder ein unverbindliches „wir gehen den Anschuldigungen nach und behalten uns den Rechtsweg vor“.
Aber ein kaum kaschiertes „halt Maul“ – wirklich? Das mag taktisch klug sein, erstweilig, aber dazu später. Klug, aber verantwortungslos, weil es auf alten Vorurteilen herumreitet, die längst ausradiert gehören.

Politiker der Liberalen werteten die Anschuldigungen ab als einen Schlag unter die Gürtellinie. Das stimmt, unter der Gürtellinie ist der Tatbestand, soweit er stattfand, sicherlich. Wie immer bei solchen Fällen, auch bei Vergewaltigungsvorwürfen, besteht der allgemeine Konsenz, es könne sich hierbei nur um eine Verschwörung oder einen infamen Racheakt handeln.Damit wird hier PR-mäßig gespielt.

Männern, die gleich mit diesen Mutmaßungen abwehren, als müssten sie ungeprüft für alle Geschlechtsgenossen geradestehen, stelle ich gerne die Frage, ob sie denn ihre eigenen Mütter, Töchter, Schwestern oder Partnerinnen überhaupt lieben.

Wer es im eigenen Umfeld erlebt hat, welchen Demütigungen sich Frauen unterziehen müssen, sobald sie das, was im amerikanischen als „Sexual Harrassment“ oder gar „Sexual Assault“ bezeichnent wird und im Allgemeinen das Ende einer Karriere bedeutet, auch nur flüstern, wer das beobachten durfte, kommt erst gar nicht auf die Idee, reflexartig dunkle, weibliche Machenschaften zu vermuten.
Nebenbei bemerkt, auch Männer sind manchmal Opfer, aber diese äußern sich noch seltener, weil das Stigma der Opferrolle keinem Mannsbild gut steht.

Wohin diese ungesschriebenen Gesetze des Verschweigens und Tolerierens führen, kann man an dem armseeligen Beispiel von Dominique Strauss-Kahn bestaunen. Interessant in diesem Zusammenhang ist natürlich,dass der Tabubruch des öffentlichen Anklagens außerhalb Europas begangen wurde, in New York City. Ohne den Perpwalk der NYC Police hieße der heutige Präsident Frankreichs wohl Dominique. Die Frage, ob dieses Tabu im Interesse der Allgemeinheit steht, muss wohl jeder für sich beantworten. Der Fall Strauss-Kahn, ob er nun vergwaltigt hat, oder nicht, zeigt, dass die Reaktion auf längere Sicht schwach ist. Schwach, weil sie ein ungesundes Klima verstärkt.

Griechenland – Weimar 2.0?


Nach dem 1. Weltkrieg wurde Deutschland von den Siegermächten zu „Reparationszahlungen“ verdonnert. Das Land brach unter dem Schuldenberg zusammen.Das Ergebnis war:
-Hunger und Elend
-Hitler, der Massenmörder, der allen Brot und Arbeit versprach.-

-Massenmord und Krieg gegen den Rest der Welt.

Nach dem 2. Weltkrieg, mit großem Pathos, damit obiges nie wieder geschehe, wurden die EU und der Euro erschaffen. Die Bilder der Adenauers, Kohls, Mitterands und wie auch immmer sie noch heißen sind bereits in Geschichtsbüchern. Nie wieder Weimar, nie wieder Krieg.

Wenn man die hungernden Deutschen nach ersten Weltkrieg um „Stellung zum Thema Reparationszahlungen“ bitten würde, was würden sie wohl sagen? Vielleicht würde die begriffstsutzigen unter uns eine Ahnung davon bekommen, wenn sie sich in Griechenland, Portugal oder Spanien umhören würden. Der Generalstreik in Spanien und Portugal ist wohl ein dezenter Hinweis. Hier ein Bericht von Uhupardo:

Gelesen: Atlas Shrugged von Ayn Rand


Ayns Welt in Atlas Shrugged ist beruhigend einfach strukturiert. Es wurde in den USA im Jahre 1957 veröffentlicht, ein Jahr nachdem der McCarthyismus, die politische Verfolgung von angeblichen Kommunisten in den USA offiziell beendet wurde. Dieses Kolossalwerk gilt als Paradestück des ungehemmten Kapitalismus. Viele derjenigen, die darauf vertrauen, dass es der Markt schon irgendwie richten wird, haben diesem tausendundeinseitigen Roman einen Ehrenplatz in ihrem Regal verliehen. Unter den prominenten Anhängern des laissez -faire Kapitalismus ist z. B. Allan Greenspan, ehemaliger Chef der Fed. Greenspan warb für komplette Deregulierung des Derivatemarktes, drückte den Leitzins auf lächerliches Niveau um die Folgen der geplatzten Dot-Com-Blase zu bekämpfen, mit dem Ergebnis, dass Investoren (darunter auch Ihre Kapitallebensversicherung oder Pension, lieber Leser) im verzweifelten Versuch nach Rendite ihr Glück in Produkte suchten, die sie nicht durchschauten. Auch Frank Schäffler ist ein großer Fan. Daher habe ich mich dazu aufgerafft, diese Bibel der Marktverehrer endlich auferksam zu lesen.

In Ayns Werk gibt es nur zweierlei Menschen. Auf der einen Seite gibt es die Leistungsträger: Geniale Unternehmer mit Tendenz zum Micromanagement, geniale Ingenieure oder immerhin engagierte BWLer, die ihr allerbestes geben. Sie sind physisch an ihrem festen Blick und ihrer hageren Figur zu erkennen. Die genialen Unternehmer, die eigentlichen Helden in Ayns Welt, leben ausschließlich für ihre Arbeit und deren Entlohnung, Entlohnung ausschließlich in Geld, natürlich. Undank ist natürlich auch ihr Lohn, aber dazu mehr später. Natürlich haben sie alle einen süperben Arbeitsethos, denn sie sind nie versucht, zu mogeln, zu bestechen oder einzuschüchtern. Es ist zudem allgemeiner Konsenz, dass ihre Produkte ganz toll und unentbehrlich sind, so dass ihr Erfolg ausschließlich eine Funktion ihrer hervorragenden Leistung ist. Glück spielt zu keiner Zeit eine Rolle.

Auf der anderen Seite stehen die Schmarotzer – faule Menschen, die aufgrund ihrer Trägheit und Mittelmäßigkeit arm sind. Sie sind zu erkennen am glasigen Blick, wabbligen Gesichtzügen und pummeliger Figur. Statt sich auf den Hosenboden zu setzen und ihr karges Brot durch ehrliche Arbeit zu verdienen oder selbst geniale Unternehmen zu errichten, stellen diese Blutegel der Gesellschaft auch noch Ansprüche an die geplagten Helden. Sie verlangen Almosen, finanziert durch Steuern- infame Enteignung in Ayns Welt!

Rands Haltung zum Sozialstaat und zu Verlierern der Marktwirtschaft drückt sie am prägnantesten in der Figur des Piraten Ragnar Danneskjöld aus. Ragnar D verweigert der Gesellschaft sein Leistungsvermögen und widment sich stattdessen der Piraterie. Er kapert Schiffe, die Hilfsgüter an die Volksrepubliken Europas liefern sollen. Den Erlös verkauft er auf dem Schwarzmarkt gegen Gold,das er an Reiche zurückgibt als Entschädigung für Einkommenssteuer. Hier Auszüge aus Ragnars Monolog:

Robin Hood [..] He was the man who robbed the rich and gave to the poor. Well, I’m the man who robs the poor and gives to the rich – or, to be exact, the man who robs the thieving poor and gives back to the productive rich. […]But I have seized every loot carrier that came within range of my guns, every government relief ship, subsidy ship, loan ship.. every vessel with cargo of goods taken by force from some men for the unpaid, unearned benefit of others.[…]He [Robin Hood] is remembered, not as a champion of property, but as the champion of need, not as the defender of the robbed, but as the defender of the poor. […]Until men learn that of all human symbols, Robin Hood is the most immoral and the most contemptible, there will be no justice on earth and no way for mankind to survive.

Robin Hood als schlimmstes Symbol aller Zeiten? Menschen, die vor dem Nationalsozialismus flüchten mussten, sind da vielleicht anderer Meinung.

In Ayns Welt werden die Leistungsträger durch Steuern uns Regulierungen erstickt. Man mag da an Regulierungen wie etwa Grundwasserschutz, Regulierung von Atomkraftwerken oder Regulierungen in der Pharmaindustrie denken. Alles Boshaftigkeiten, ersonnen von Schmarotzern, die den Leistungsträgern übelst mitspielen. Dem soll endlich ein Ende gesetzt werden. Die Unternehmer beschließen, zu streiken. Erwartungsgemäß bricht natürlich die Welt zusammen, weil das gemeine Volk, die 99% ,im heutigen Jargon, zu trottelig sind, um auch nur den simplesten Schienenverkehr zu organisieren.

Der Roman ist ein gelungenes Propagandastück für alle diejenigen, die jede Form von sozialer Solidarität ablehnen. Egoismus ist explizit erwünscht. Einzige Überraschung für mich war der Sex. Es wird zwar nichts im Detail beschrieben, schließlich befinden wir uns mitten in den Fünfzigern, aber immerhin treibt es die Heldin Dagny mit drei Kerlen parallel, davon einem verheirateten.
Das gehört für mich auf jeden Scheiterhaufen eines sozial Konservativen, der seinem Fanatismus treu bleiben will.

Sofern man nicht von animalischem Hass auf Sozis geplagt ist, wie etwa die Autorin selbst, die über die Enteignung ihrer Eltern durch die Revolutionen in Russland offenbar nie hinweggekommen ist, bereitet das Lesen Langeweile und Schmerzen.Ich habe mich über mehr als 1001 Seiten lang gequält. Dennoch muss ich sagen, dass ich aus der Lektüre lebenswichtige Erkenntnisse gewonnen habe. Ich glaube, Joseph McCarthy lebt heute noch, zumindest in den zornigen Herzen seiner wachsenden Anhängerschaft. Sollte dieses Opus auch in Europa respektablen Status erreichen, werden auch hier Menschen, die keine Berührungsängste mit sozialistischen Ideen haben, als Perverse gebrandmarkt.Wenn es soweit gekommen ist, sollte sich niemand damit entschuldigen, er habe es nicht gelesen.

Das Bauernopfer des Tages – Jérôme Kerviel


Im Januar 2008 meldete die französische Bank Société Générale, auch „Socc Gen“ genannt, einen Handelsverlust von fast 5 Milliarde Euro an, einen Verlust den sie einem einzelnen ihrer Händler in die Schuhe schiebt: Jérôme Kerviel
Seither ist sind beide Parteien im Dauerstreit vor Gericht. Kerviel beteuert, mit dem ausdrücklichen Segen seiner Vorgesetzen gezockt zu haben. Zock Gen, pardon, Socc Gen bestreitet dies und beharrt auf dessen alleinige Verantwortung. Heute, am 24 Oktober, bestätigte ein französisches Berufungsgericht seine alleinige Schuld. Er wurde zu 3 Jahren Haft und zur Zahlung von 4.9 Milliarden Euro verurteilt. Er wurde als waghalsiges, spielsüchtiges Computergenie dargestellt. Das mag alles stimmen – obsessives Verhalten ist notwendig, um in diesem Geschäft erfolgreich zu sein. Solange es gutgeht, werden Trader gefeiert. Geht es schief – und wie in jedem Roulettespiel kommt der Tag garantiert – werden sie gefeuert, bestenfalls. Die Hierarchie bleibt bestehen. Kracht die Bank, steht der Steuerzahler ja bereit. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Peugeot. Der Autohersteller muss für die staatliche Unterstützung Entscheidungsbefugnisse abgeben, oder anders gesagt: Das Unternehmen wird verstaatlicht, mit aller Konsequenz. Warum geht das nicht mit Banken?

Warum ist dieses Urteil für jeden relevant? Es geht jeden etwas an, weil Kerviel mit Derivaten zockte, jenen undurchsichtigen Finanzprodukten, die die heutige globale Depression hervorgerufen haben.Die meisten Derivate (meisten im Sinne des kumulierten Nominalwertes) sind undurchsichtig zum einen, weil ihre Ausstattung bewusst komplex ist, zum anderen weil sie an der Öffentlichkeit vorbei, unterm Ladentisch gehandelt werden. Das Zocken mit Derivaten ist die Ursache dafür, dass Sie, Leser, entweder im Müll nach Nahrung suchen müssen, falls sie in Spanien oder Griechenland leben, oder ihre Ersparnisse wegen Inflation schrumpfen, ihre Steuern bald steigen und Ihre Kinder das Wort Rente nur aus Erzählungen kennen werden, falls Sie in Deutschland leben.
Das Urteil geht auch Sie etwas an, weil mit diesem Bauernurteil verschleiert wird, dass die Architekten dieses Systems ungestört weiter an der globalen Umverteilung basteln können. Dabei ist es egal, ob es sich um eine „Verschwörung“ handelt, oder um simple wildgewordene Gier.

Lesetipp: Wer sich mehr für den Fall Socc Gen interessiert, dem empfehle ich das Buch von Jérôme Kerviel selbst,“L’engrenage – Mémoires d’un trader“ (Das Räderwerk – Erinnerungen eines Traders).

Der IWF stellt eine blasphemische Frage:


Was wäre wenn man alle Schulden mit einem Federstrich für null und nichtig erklären würde? Was wäre, wenn man den Banken das Privileg, Geld aus dem Nichts zu kreieren, einfach entziehen würde? Indem Banken nur einen Bruchteil des Geldes hinterlegen müssen, schaffen sie Geld. Würde die Zivilisation untergehen?
Diese Debatte war überfällig, nicht zum erstenmal in der Geschichte. Zuletzt (von prominenter Seite, nicht von Bloggern) wurde sie 1936  von Irving Fisher angeregt.
Der Ökonom befand folgendes: Aufgabe des Fiatsystems führt zu
1) der Eliminierung des wichtigsten Faktors in Konjunkturschwankungen
2) der Eliminerung von Bankenstürmen
3) einer dramatischen Reduzierung der öffentlichen Verschuldung
4) einer dramatischen Reduzierung der privaten Verschuldung

Diesmal wird sie im Namen des Internationalen Währungsfonds, unter der Feder von Michael Kumhof und Jaromir Benes geführt.
Hier ein PDF des Artikels. Die Forscher befanden, dass alle 4 Behauptungen  Fishers ihre Berechtigung haben. Dabei haben sie sich zurückhaltend ausgedrückt.

Wie Kommentator des konservativen britischen Blatts The Guardian in seinem Artikel „IMF’s epic plan to conjure away debt and dethrone bankers“ (Der epische Plan des IWF, Schulden wegzubeschwören und Banker vom Thron zu stürzen) es formuliert, sollte man dieser überfälligen Debatte, die einer Religionsdebatte verdächtig ähnlich ist, endlich ihren freien Lauf lassen.

Erst Afrika, nun auch Europa – der IWF ist bereit


Wie in meinem Artikel „Wenn die Finanzmafia vor unserer Tür steht“ hatte ich bereits dargelegt, dass die Hilfe des IWF eine „Wohltat“ darstellt, auf die man besser verzichten sollte. Insider John Perkins, der sich selbst als ehemaliges Mitglied der „Finanzmafia“ erklärte in seinem Buch  „Confessions of an Economic Hitman“, was „Darlehen“ für ein bankrottes Land wirklich bedeuten. Sie bereichern eine kleine Elite und verarmen die Allgemeinheit, und die Resourcen des Opferlandes, ob sie im Boden liegen oder in Form von billigen Arbeitern, stehen zur Plünderung frei. Irland hatte zugesagt, Island hat alle zum Teufel gejagt.

Nun muss sich Spanien entscheiden, ob sie es wie die Iren tun wollen, oder wie die Isländer. IWF-Chefin Lagarde sagt, der Währungsfond sei bereit, Spanien zu helfen.Sie könne sich vorstellen, die „Strukturreform“ zu überwachen, oder „eine Rolle bei der Finanzierung zu spielen.“ Wirtschaftsblogger Mike Shedlock, dem man weiß Gott nicht als Linken bezeichnen kann, übersetzt die Äußerungen der Retterin mit „IWF bereit, Spanien zu plündern“. Die Karikatur, die seinen Artikel ziert, sagt mehr als tausend Worte. Sie zeigt ein trojanisches Pferd mit der Aufschrift „To Ireland, With Love, Yours Truly, IMF.“

Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Die Darlehen kommen den Banken, vorallem den deutschen, französischen und amerikanischen zugute. Anders als die Propaganda es immer hinausposaunt, wird es keinen „Trickle-Down-Effekt geben.“ Es handelt sich um eine spektakuläre Umverteilung, nicht mehr und nicht weniger. Menschen aus den Ländern mit dem unsäglichen Akronym PIIGS werden ihre Mahlzeiten aus dem Müll ziehen, damit einige wenige ihre Boni erhalten können.

Cartoon vs Cartoon – Zivilisation schlägt zurück


Letzte Woche veröffentlichte die französische Zeitschrift Charlie Hebdo Mohammend Karikaturen und erntete dafür sehr viel Zorn.Etwa 20 französische Bothschaften wurden weltweit aus Furcht vor Attentaten daraufhin geschlossen. Der Webserver von Charlie ist zur Zeit immernoch lahmgelegt. Viele Politiker im Westen bezeichneten die Veröffentlichung der Karikaturn als Unverantwortlich angsichts dieses Klimas der Gewalt und weltweiten Spannungen . Ich kann diese Haltung zwar verstehen, aber ich fürchte eine militante Religiosität (egal um welche Religion es sich handelt) weit mehr. Meine Haltung zu diesem Thema habe ich in meinem Artikel „Die Klerikalen schlagen zurück“ beleuchtet.

Um so mehr freut es mich, zu erfahren, dass ein verbaler Dialog doch möglich ist, wenn auch in der Form eines zarten Pflänzchens. Die Ägyptische Zeitung al-Watan veröffentlichte diese Woche eine Serie von dem Westen gegenüber kritische Karikaturen, nach dem Motto „Fight cartoons with cartoons“. In einer Zeichnung ist das World Trade Center durch eine Brille zu sehen, mit dem Kommentar „Western glasses for the Islamic world“. In einer anderen sieht man zwei Porträts von Moslems, eines friedlichen und eines blutrünstigen. Eine Taschenlampe mit Stars and Stripes wirft ein Schlaglicht auf den Radikalen. Mehr Details dazu bei BBC.

So geht es auch! Jeder hat das Recht, Sinn oder Unsinn zu veröffentlichen, solange es nicht zu Gewalt aufruft. Niemand wird gezwungen, jeden Mist zu lesen. Das sind unsere westlichen Werte, Punkt!

Eine Krise – 3 Perspektiven


Erinnern wir noch einmal daran, dass die weltweite wirtschaftlich Depression von Banken ausgelöst wurde. Staaten wie die USA oder die EU sind am Rande des Bankrotts getrieben worden, weil sie ihre als unverzichtbar geltenden Banken retten müssen, auf Kosten der Bürger – und zwar überall. Lobbyisten der Banken haben Volksvertretern weißmachen können, dass ihre Subventionierung ohne Gegenleistung unverzichtbar für das bitter benötigte Wachstum sei, ja für die Rettung der Zivilisation. Vorallem verbreiteten sie drei Weißheiten, die jeder kritiklos übernahm. Robert Jenkins, Mitglied der Bank of England, äußerte sich nun kritisch über diese Glaubenssätze, die er als Mythen bezeichnet. Peer Steinbrück scheint auf die Mythen nicht hereingefallen zu sein, da sein Wahlkampfpapier ganz gezielt auf eine Reform und stärkere Verantwortung der Banken zielt.

Mythos 1: Zu hohe Kapitalanforderungen gehen auf Kosten des Wachstums. Das ist Unsinn, weil höhere Kaptalhinterlegung die Kosten der Kreditnahme verringern
Mythos 2:Geringerer Ertrag vermindert die Chance auf Investoren. Das ist Unsinn, weil nicht jeder Investor bloß auf kurzfristige Gewinne hin anlegt.
Mythos 3: Bankenregulierung zerstört den Wettbewerbsvorteil des Standorts. Also: Wenn London dem hemmungslosen Treiben ein Ende setzt, ist London nicht mehr London. Das ist ebenfalls Unsinn, weil im Gegenteil, Vertrauenswürdigkeit der Entscheidende Faktor ist.

Hier ein Artikel des konservativen Telegraph, im Volksmund auch Torygraph genannt.

In der zwischenzeit gibt es immernoch selbsternannte Experten, vorallem im Blatt für kluge Köpfe, der Frankfurter Allgemeinen, denen die Strangulierung der Südstaatenländer nicht heftig und brutal genug zugeht. So schreibt FAZ-Schreiber Klaus-Dieter Frankenberger, gelernter Amerikanist, die Regierungen müssen weiter Kurs halten. So heißt es in seinem Artikel Kurs halten in der  Krise:

Aber auch in Madrid eskaliert der Protest. Das zeigt zweierlei: Die Sparpolitik zeigt Wirkung, die Kürzungen treffen viele Leute wirklich. Aber noch immer haben viele nicht begriffen, dass es so wie früher, als der Staat mehr ausgab, als er hatte, und die Bürger es ihm nachmachten, nicht mehr geht. Das Missverhältnis zwischen Konsum und Einnahmen führt in den Bankrott und gefährdet die Währungsunion; diese Lektion sollten nun alle gelernt haben. Und: Wer die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft ruiniert, muss später einen hohen Preis zahlen.

Was für eine Wirkung die Sparpolitik vor Ort hat, kann man in der New York Times lesen, in einem Artikel der beschreibt, wie immer mehr Spanier ihre Mahlzeiten in Müllkontainern von Supermärkten suchen.

Spain Recoils as Its Hungry Forage Trash Bins for a Next Meal

Die Klerikalen schlagen zurück


Es war ein langer, schwerer Kampf, der über Generation dauerte. Endlich, im zwanzigsten Jahrhundert, war es erlaubt, die Großen und Mächtigen, diejenigen, die sich einbilden,jedem vorschreiben zu können, wie er zu leben hat, endlich durch den Kakao zu ziehen. Es war möglich, Religion lächerlich zu machen. Filme wie „Das Leben des Brian“ wurden produziert und genießen heute Kultstatus.

Wenn es etwas gibt, dass Erzkonservative und Religiöse aller Form und Farbe zusammenbringt, ob Katholiken, Juden oder Moslems, dann ist es der Wille, diese despektierlichen Satiriker und Relativisten zur Strecke zu bringen. Vielleicht noch eine Gay Pride Parade.

Ein schlechtgemachtes Video, das offenbar den Propheten Mohammed ins Lächerliche zieht, wurde dazu genutzt, den Mob auf den amerikanische Botschafter zu hetzen und mehrere Botschaften niederzubrennen. Die satirische Zeitschrift „Charlie Hebdo“ hat es wiedereinmal gewagt, Mohammed-Karikaturen zu publizieren. Auf ihrer Titelseite ist der Prophet im Rollstuhl, geschoben von einem jüdischen Ultraorthodoxen, zu sehen- eine Anspielung auf den Film „Les Intouchables“ – Die Unberührbaren. Darüber heißt es „Faut pas se moquer!

Ergebnis: Mehrere französische Botschaften wurden geschlossen, die Zeitschrift wurde für ihre „sinnlose Provokation“ von mehreren Seiten kritisiert, die Webseite des Blatts ist zur Zeit mal wieder nicht erreichbar, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihre Büroräume mal wieder in die Luft fliegen.

Wenn eine Organisation oder ein einzelner Autorität für sich beansprucht, dann ist die Verspottung ein legitimes, sogar notwendiges Mittel zur Eindämmung ihrer Macht. Die Säure des Spotts wird um so größer, je größer der Pomp. Warum halte ich es für notwendig, Mächtige, ob im Himmel oder auf Erden, vom Sockel zu stürzen? Weil kein Sterblicher die Weisheit für sich gepachtet hat. Gerade in Zeiten von Unsicherheit, sei es persönlich oder gesellschaftlich, haben Menschen die Tendenz, aus einem Kindlichen Reflex heraus nach unfehlbarem Rat zu suchen. Gerade in Zeiten der Verwundbarkeit fällt man leichter auf Scharlatane herein, die Heil versprechen. Oft ist Spott die einzige Möglichkeit, Heilsverkünder und ihre Schafe an ihre eigenen Grenzen zu erinnern.

Wenn sich der Papst  hinter seiner Kirche und obskuren Unfehlbarkeitsdoktrin versteckt, dann ist es nur natürlich, dass Satiriker versuchen, an diesem Image zu kratzen. Wäre der Papst nur ein alter Mann,dann wäre die Titelseite des Titanikmagazins, dass ein modifiziertes Bild mit Kotflecken an seiner weißen Soutane und dem Titel „Halleluja im Vatikan: Die undichte Stelle ist gefunden! „zeigte, eine Herabwürdigung. Da es sich aber um die Personifikation der Kirche handelt, und eben nicht nur um einen verletzbaren alten Mann, ist es gerechtfertigt. Dreckiger Humor gegen Schwache ist nie gerechtfertigt. Man kann sich über den Geschmack der Titanik streiten, aber man muss das Blatt auch nicht kaufen.

Der Kampf um Emanzipation vom Joch der Religionen muss offenbar von jeder Generation bestritten werden. Es sieht so aus, als würde der Westen diesen Kampf verlieren. Hauptwidersacher sind weniger die Klerikalen, als vielmehr die schweigende Mehrheit, die ihre Sicherheit und Bequemlichkeit vorzieht. Das spüren Politiker sehr wohl. Aus diesem Grund spricht sich kaum jemand bedingungslos für freie Meinungsäußerung aus. Wer Bomben wirft, hat das Sagen.

Zur Verteidigung der Kirche muss ich zugestehen, und es ist eine Schande, dass das nicht selbstverständlich ist:  Sie hatte den Rechtsweg zur Verteidigung ihrer Würde beschritten, nicht den Scheiterhaufen, wie einst.

Wenn wir uns durch Bomben von muslimischen Fanatikern einschüchtern lassen, dann kommen auch die Scheiterhaufen wieder und Freitags gibt es nur noch FishMac.

Wer bleibt wohl am Ende übrig?


Zuerst gerät HSBC mit dem Vorwurf der Geldwäsche ins Kreuzfeuer der US-Behörden, dann droht der britischen Bank Standard Chartered der Entzug der Banklizenz in den USA. Der Spiegel berichtete brav darüber, welch schmutzige Geschäfte die nun aufgedeckt wurden, und denkt sich nichts böses dabei. ch habe keinen Zweifel daran, dass die Vorwürfe berechtigt sind. Wenn ich jedoch lese, dass andere, größere Banken von jeglichem Vorwurf des Missbrauchs bei der Subprime-Krise reingewaschen wurden, dann komme ich  ins Grübeln.

Ist es meine Einbildung, oder ist es, wie oft, der Stärkste, der die Regeln bestimmt, der Geschichte schreibt, der bestimmt, wer die Zeche zahlt? Nicht, dass ich Mitleid mit irgendeiner Bank hätte, denn am Ende zahlen wir für alle Banken, und es ist egal, welcher Name am ende die Tore der übriggebliebenen Institute ziert. Wenn ich solche Meldungen lese, dann fehlt mir jegliche Geduld mit denjenigen, die immernoch darüber schwafeln, wie sehr die Menschen über ihre Verhältnisse gelebt haben.

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