Die Klerikalen schlagen zurück
Es war ein langer, schwerer Kampf, der über Generation dauerte. Endlich, im zwanzigsten Jahrhundert, war es erlaubt, die Großen und Mächtigen, diejenigen, die sich einbilden,jedem vorschreiben zu können, wie er zu leben hat, endlich durch den Kakao zu ziehen. Es war möglich, Religion lächerlich zu machen. Filme wie „Das Leben des Brian“ wurden produziert und genießen heute Kultstatus.
Wenn es etwas gibt, dass Erzkonservative und Religiöse aller Form und Farbe zusammenbringt, ob Katholiken, Juden oder Moslems, dann ist es der Wille, diese despektierlichen Satiriker und Relativisten zur Strecke zu bringen. Vielleicht noch eine Gay Pride Parade.
Ein schlechtgemachtes Video, das offenbar den Propheten Mohammed ins Lächerliche zieht, wurde dazu genutzt, den Mob auf den amerikanische Botschafter zu hetzen und mehrere Botschaften niederzubrennen. Die satirische Zeitschrift „Charlie Hebdo“ hat es wiedereinmal gewagt, Mohammed-Karikaturen zu publizieren. Auf ihrer Titelseite ist der Prophet im Rollstuhl, geschoben von einem jüdischen Ultraorthodoxen, zu sehen- eine Anspielung auf den Film „Les Intouchables“ – Die Unberührbaren. Darüber heißt es „Faut pas se moquer!
Ergebnis: Mehrere französische Botschaften wurden geschlossen, die Zeitschrift wurde für ihre „sinnlose Provokation“ von mehreren Seiten kritisiert, die Webseite des Blatts ist zur Zeit mal wieder nicht erreichbar, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihre Büroräume mal wieder in die Luft fliegen.
Wenn eine Organisation oder ein einzelner Autorität für sich beansprucht, dann ist die Verspottung ein legitimes, sogar notwendiges Mittel zur Eindämmung ihrer Macht. Die Säure des Spotts wird um so größer, je größer der Pomp. Warum halte ich es für notwendig, Mächtige, ob im Himmel oder auf Erden, vom Sockel zu stürzen? Weil kein Sterblicher die Weisheit für sich gepachtet hat. Gerade in Zeiten von Unsicherheit, sei es persönlich oder gesellschaftlich, haben Menschen die Tendenz, aus einem Kindlichen Reflex heraus nach unfehlbarem Rat zu suchen. Gerade in Zeiten der Verwundbarkeit fällt man leichter auf Scharlatane herein, die Heil versprechen. Oft ist Spott die einzige Möglichkeit, Heilsverkünder und ihre Schafe an ihre eigenen Grenzen zu erinnern.
Wenn sich der Papst hinter seiner Kirche und obskuren Unfehlbarkeitsdoktrin versteckt, dann ist es nur natürlich, dass Satiriker versuchen, an diesem Image zu kratzen. Wäre der Papst nur ein alter Mann,dann wäre die Titelseite des Titanikmagazins, dass ein modifiziertes Bild mit Kotflecken an seiner weißen Soutane und dem Titel „Halleluja im Vatikan: Die undichte Stelle ist gefunden! „zeigte, eine Herabwürdigung. Da es sich aber um die Personifikation der Kirche handelt, und eben nicht nur um einen verletzbaren alten Mann, ist es gerechtfertigt. Dreckiger Humor gegen Schwache ist nie gerechtfertigt. Man kann sich über den Geschmack der Titanik streiten, aber man muss das Blatt auch nicht kaufen.
Der Kampf um Emanzipation vom Joch der Religionen muss offenbar von jeder Generation bestritten werden. Es sieht so aus, als würde der Westen diesen Kampf verlieren. Hauptwidersacher sind weniger die Klerikalen, als vielmehr die schweigende Mehrheit, die ihre Sicherheit und Bequemlichkeit vorzieht. Das spüren Politiker sehr wohl. Aus diesem Grund spricht sich kaum jemand bedingungslos für freie Meinungsäußerung aus. Wer Bomben wirft, hat das Sagen.
Zur Verteidigung der Kirche muss ich zugestehen, und es ist eine Schande, dass das nicht selbstverständlich ist: Sie hatte den Rechtsweg zur Verteidigung ihrer Würde beschritten, nicht den Scheiterhaufen, wie einst.
Wenn wir uns durch Bomben von muslimischen Fanatikern einschüchtern lassen, dann kommen auch die Scheiterhaufen wieder und Freitags gibt es nur noch FishMac.